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4. Zusammenfassende Übersicht über Grundkategorien und
Grundbegriffe der Begriffslogik
Der subjektive oder formale Begriff:
Mit dem Ausdruck "subjektiver oder formaler Begriff" überschreibt
Hegel die äußere Form der Dar- oder Vorstellung (Repräsentation), in der
und durch welche allein wir als Einzelne etwas Allgemeines verstehen und
begreifen.
Urteil:
Urteilen ist, allgemein und grob gesagt, die Tätigkeit des
differenzierten Klassifizierens, etwa in Anwendungen von Worten,
Bildern, Modellen usf. Das Urteil enthält daher wesentlich die als
nachvollziehbar intendierten Projektionen einer formalen Darstellung
auf die Realität. Diese Projektionen schaffen erst Objektivität im Sinne
einer durch das Modell oder die Darstellung strukturierten Wirklichkeit.
Die Allgemeinheit oder Gemeinsamkeit des Ur-Teilens, der ursprünglichen
Bewertung der Angemessenheit einer Strukturgleichheit oder Analogie, setzt Urteilskraft,
und das heißt insbesondere: allerlei an Bildung und inhaltlichem Vorwissen
voraus. Im Unterschied zum Urteil sind in einer bloß konstativen
und / oder bloß informativen Aussage gemeinsame Unterscheidungen bzw.
deren Kriterien (im projektiven Gebrauch) längst als klar unterstellt.
Qualitatives Urteil:
Qualitative Urteile sind einzelne Anwendungen von prädikativen
Unterscheidungen, vorzugsweise in konkreten Wahrnehmungssituationen. Ihre
Richtigkeit besteht ausschließlich darin, dass sie zu gemeinsamen
Unterscheidungen führen. Von Wahrheit ist hier deswegen noch nicht die Rede,
weil jeder, der etwas, was z. B. rot ist, "blau" nennt, an unserer
Differenzierungspraxis noch gar nicht teilnimmt, sie noch gar nicht versteht
- was an allerlei liegen kann, z. B. an seiner mangelhaften Ausbildung oder
an physiologischen Defekten. Anders gesagt: da der unmittelbare Konsens das
einzige Kriterium der Richtigkeit qualitativer Urteile ist, kann man mit
ihrer Äußerung nichts Inhaltliches sagen, sondern nur zeigen, dass
man die Differenzierungen verstanden hat.
Schluss:
Jeder Schluss zeigt die 'Einheit des Begriffs und des Urteils', schließt
also das, was aus artikulationstechnischen Gründen in Teile und Momente der
Darstellung getrennt wurde, wieder zu einem Ganzen zusammen. Gezeigt wird in
einem Schluss, dass eine begriffliche Klassifizierung zu Recht erfolgt
ist, dass ein Urteil richtig ist. Oft geschieht dies durch eine Zerlegung des
Urteils in eine Folge von Urteilen, bei denen die Übereinstimmung mit
formalen oder inhaltlichen Kriterien schrittweise einleuchten. Schließen ist
so auch expliziter Nachvollzug von Gebrauchsregeln. Der einfachste Fall ist
der des formalen Schließens, der Befolgung schematischer Regeln der
Figurenumformung, etwa der Syllogistik: Der qualitative Schluss. Wichtiger
ist das nicht schematisch vorgeprägte analytische, induktive, epagogische
und analoge Begründen von Theorien und dann auch die synthetische Anwendung
von Theorien oder Modellen zur Darstellung der Welt.
Qualitativer Schluss:
Qualitative Schlüsse sind einfach Anwendungen von Prädikatorenregeln,
die zunächst beschränkt sind auf ein System qualitativer
Differenzierungen im Bereich des Daseins. Man denke an die aristotelischen
Syllogismen. In gewissem Sinn zählen aber etwa auch die schematischen
Befolgungen der Regeln irgendeines Prädikatenkalküls der ersten Stufe, die
ergänzt sein können durch irgendwelche explizite Ersetzungsdefinitionen,
terminologische Regeln oder formale Axiome ('implizite Definitionen') zu
dieser Art von Schlüssen. Die quantitativen Schlüsse der Gleichheitslogik
bilden dann eine besondere Klasse in den qualitativen Schlüssen.
Reflexionsschluss:
In Reflexionsschlüssen geht es um die Frage nach der Begründung
von terminologischen oder theoretischen Setzungen der geschilderten 'qualitativen'
Art. Schlüsse dieser Art sind Induktionen, (angeblich oder wirklich)
evidente Analogien oder auch Analysen, welche zu bewährten allgemeinen
theoretischen Darstellungen der Wirklichkeit führen.
Schluss der Notwendigkeit:
Schlüsse der Notwendigkeit bewegen sich in theoretischen
Darstellungen und sind kategorisch als bewährte Begründungen, hypothetisch
als Anwendung von verallgemeinernden Vermutungen gemäß der Methode der 'Synthesis'
(etwa Newtons) und disjunktiv als Anwendung einer (bewährten) 'vollständigen
Fallunterscheidung' in einem Gegenstandsbereich.
Objekt:
Objektivität ist die (ideal gedachte) Erfüllung der semantischen
Bedingungen, welche die Wahrheit einer Rede über Objekte und Gegenstände
der Welt definieren. Die wesens- und begriffslogische Vermittlung oder
Konstitution dieser Objektivitätsbedingungen in Theorien ist dabei schon
vorausgesetzt. In Schlüssen zeigen wir faktische Erfüllungen auf, wobei die
Reflexionsschlüsse zumeist die Basis bilden. Daher bleibt die faktische
Kontrollierbarkeit der idealen Bedingungen und die 'Beweiskraft' notwendiger
Schlussfolgerungen im allgemeinen relativ und begrenzt.
Erkenntnis:
Subjektiv scheint es, als stehe jedes Erkennen vorgegebenen objektiven
Wahrheiten gegenüber, als wäre der Begriff der Wahrheit und Objektivität
von jeder Erkenntnis unabhängig. Dies ist er nicht. Ein nicht leerer
Wahrheitsbegriff lässt sich kriterial nur über eine fiktive Idealisierung
realen Erkennens definieren. Dies ist nicht einfach eine These, sondern die
einzig mögliche Resolution der Analyse eines prima facie bloß
formalistischen und / oder dogmatischen Begriffs der Wahrheit.
Konkretheit:
Jeder Begriff als Inhalt eines echten Begreifens (und damit auch eines
Wissens) ist immer konkret: Das subjektive und bloß formelle Moment einer
üblichen Klassifikation oder eines konventionellen Gebrauchs (der primäre 'Begriff
an sich') ist 'zusammengewachsen' mit den Momenten der bewussten Reflexion auf
diese Form (qua Begriff für sich) und auf die Objektivität (qua reflektiertem
Begriff an und für sich). Mit anderen Worten: Jedes Wissen ist zwar auf die eine
oder andere Weise formal und subjektiv, insofern es vom Standpunkt des
Sprechers aus artikuliert ist und in Berücksichtigung dieser Perspektive
verstanden werden muss. Es hat aber immer auch den Anspruch, allgemein
nachvollziehbar, objektiv und 'wahr' zu sein. Dies geschieht durch die
Vermittlung von 'Übersetzungen' der Standpunkte, durch die Aufhebung der
Subjektivität des einzelnen Verstehens in die Intersubjektivität des
allgemeinen Begreifens. Freilich enthalten diese Übersetzungen und Aufhebungen allerlei
freie Urteile, sind daher nicht vorab und nicht vollständig determiniert.
Idee:
"Idee" ist Titel für eine explizit begriffene Form des (unter
anderem auch sprachlichen) Verhaltens oder Handelns. Dabei sind nicht nur
übliche Kriterien von Unterscheidungen oder einer bloß klassifikatorischen
Wahrheit zu berücksichtigen, sondern auch allerlei Zielsetzungen: die
Praxisorientierung, das gute oder bessere Leben. Ideen sind auch dann wirklich
und wirksam, wenn für ihre Darstellung oder sprachliche Vergegenwärtigung Idealisierungen,
etwa kontrafaktische Erfülltheiten von Bedingungen herangezogen werden. Man
denke als Paradigma an geometrische Formen, die sich in der Befolgung von
zugehörigen Konstruktionsanweisungen in einem gewissen Rahmen (der Genauigkeit)
wirklich ('immer') realisieren bzw. als realisiert wiedererkennen lassen. Daher
sind sie wichtiges Moment der Artikulierbarkeit und Planbarkeit räumlicher
Erfahrungen und realer Handlungen.
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