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4. Zusammenfassende Übersicht über Grundkategorien und Grundbegriffe der
Seinslogik
Die Seinslogik thematisiert objektstufige Kategorien, Satzformen im direkten
Gebrauch. Dies geschieht freilich auf der Metastufe, als Reflexion, und zwar im
Rahmen einer systematischen Darstellung, die unter anderem von einer für den
Zweck eigens zurechtgestellten Terminologie Gebrauch macht. Die Wesenslogik
fragt dann allgemein nach dem rechten Verständnis derartiger philosophischer
oder begriffsanalytischer Reflexionen, die als solche auch in den Wissenschaften
auftreten, freilich ohne dass dabei immer bemerkt wird, dass es sich um
Reflexionen auf ihre Darstellungsformen handelt. Mit anderen Worten:
Metaphysische Ideologien resultieren aus einem falschen Begriff der Reflexion
bzw. des Wesens.
Sein:
"Sein" ist allgemeiner Titel für das indefinite Gesamt möglicher
Bedeutungen und / oder Bezüge von bejahten Sätzen, Namen, Verbalphrasen,
die mit der Absicht geäußert werden, etwas zu sagen, zu benennen, eine
Eigenschaft oder Relation auszudrücken.
Nichts:
"Nichtsein" ist Titel für das Gesamt der möglichen Bedeutungen oder
Wahrheiten von verneinten Sätzen oder Äußerungen. Eingeschlossen sind
metastufiger Aussagen, die sagen, ein Name, eine Verbalphrase oder ein Satz sei
bedeutungslos, ein bloßes Wort, das keine reale Differenzierung artikuliert.
Werden:
Werden ist der Bereich der Geltungsbedingungen für Sätze bzw. Äußerungen,
auf den bezogen konkrete Kriterien zwischen Sein und Nichtsein
differenzieren. Damit wird schon unterstellt, dass das, was wahr ist, falsch
werden oder falsch sein könnte. Hinzuziehen sind dann auch die Bedingungen
dafür, dass ein Name etwas benennt, eine Verbalphrase eine bestimmte
Eigenschaft (Differenzierung, Qualität) zum Ausdruck bringt. Auch diese
Bedingungen sind im allgemeinen situations- und kontextbezogen. Ohne derartigen
Bezug und ohne die Bedingungen gibt es keinen Unterschied zwischen Bejahung und
Verneinung, Bedeutung und Sinnlosigkeit. Daher ist das Werden 'die Wahrheit' des
Seins und des Nichts.
Dasein:
Dasein ist das Gesamt der Differenzierungen und Geltungsbedingungen, die in
der unmittelbaren Deixis, Wahrnehmung und Anschauung gelernt und
kontrolliert werden können, z. B. auf der Basis elementarer Prädikationen wie:
'das da ist ein Hund' oder elementarer Benennungen wie: 'dieser Hund da heißt
Harro' oder elementarer Konstatierungen wie: 'dieser Hund da, Harro, bellt'. Das
Dasein ist die Grundlage für alle Differenzierungen, auch für alle
hochabstrakten Reden, etwa in der Mathematik.
Qualität:
Generell sind Qualitäten irgendwelche kriterialen Differenzierungen, 'Negationen', also Ausgrenzungen. Zunächst sind sie Geltungsbedingungen für
Verbalphrasen in der Sphäre (Kategorie) des Daseins. Ihr noch mehr oder
minder diffuser 'Gegenstand' ist die gezeigte Wahrnehmungssituation. Dann
sind Qualitäten aber auch Eigenschaften schon bestimmter und damit schon
geformter, insofern 'abstrakter' Gegenstände. Deren genauere Konstitution
ist aber erst Thema der Wesenslogik.
Ansichsein:
Das Ansichsein oder eine Bedeutung eines Wortes, etwa eines Namens, an
sich ist als formalsemantische Rolle des Wortes im Rahmen eines
Begriffssystems aufzufassen. Diese ist nichts anderes als das funktionale
Bedeutungsmoment des Wortes bei der Bestimmung der (ggf. formalen,
konventionell gesetzten) Geltungs- bzw. Wahrheitsbedingungen der Sätze und
Äußerungen, in denen das Wort sinnvoll vorkommen kann.
Fürsichsein:
Fürsichsein ist das Gesamt der Äquivalenzrelationen, wie sie implizit
oder explizit definiert sind (oder definiert werden können) in der Kategorie
des Daseins, und zwar auf schon ausgegrenzten, daher 'endlichen' Bereichen
von Unterscheidungen in der Sphäre des Wahrnehmbaren. Die Äquivalenzen sind
definiert durch Nichtunterscheidungen, daher ist das Fürsichsein Negation
der Negation. Sie werden zu Gleichheiten zwischen 'abstrakten' Gegenständen,
wenn man je zwei äquivalent gesetzte 'Repräsentanten' der Sphäre des
Daseins als 'Benennungen' der gleichen generischen Gegenstände (unter
Einschluss von Gestalten, Eigenschaften, Mengen usf.) versteht. Dadurch wird
das 'Sich' oder die 'Selbstbeziehung' oder die 'Identität' eines abstrakten
Gegenstandes allererst konkret bestimmt. Dies gilt für jedes 'Sich'
und jeden 'Gegenstand', auch für Zahlen oder andere theoretische Entitäten,
aber auch für allgemeine Bedeutungen: Es gibt diese konkret nur in der im
Gebrauch impliziten, in der Reflexion expliziten Gleichsetzung von realen
einzelnen Fällen.
Repulsion / Attraktion:
Repulsion und Attraktion sind Titel für die speziellen Unterscheidungen
(Ungleichungen) und Nichtunterscheidungen (Gleichungen) in einem vorab schon
ausgegrenzten Bereich von Repräsentanten, welche die diskreten Elemente oder
Gegenstände einer Menge definieren. Gegenstände stehen in der Menge gegen
einander: Repulsion. Sie sind als Elemente der Menge aufeinander bezogen, in
Beziehung zueinander gesetzt, und dadurch zugleich wesentlich in ihrer
Identität bestimmt: Attraktion. Es ist z. B. der mit dem Zeichen "l"
benannte Gegenstand durchaus jeweils etwas anderes, wenn er als Element der
natürlichen, rationalen oder reellen Zahlen aufgefaßt wird. Ähnliches gilt
für alle Redebereiche. Gleiche Namen oder Prädikatworte benennen je nach
Bereich andere Gegenstände, man denke an wirkliche Dinge, Gestalten,
fiktionale Gegenstände in Geschichten usf.
Quantität:
"Quantität" ist Titel für verschiedene Formen 'extensionaler'
oder funktionaler Rede. Dazu gehören: l. die Deutung der Satzform "N ist
P" durch die semantische Form "der Gegenstand N ist Element
der Menge Mp", 2. der Gebrauch von Zahlen, Größen und
Größenverhältnissen (Proportionen), ferner von Funktionen (wie etwa
Polynomen, den "Potenzenbeziehungen" Hegels) bei der Darstellung
räumlicher, zeitlicher und anderer Maß-Beziehungen. Reine Quantitäten als
bloße Formen von Mengen sind Kardinalzahlen, Anzahlen; als Klassen von
benannten Proportionen sind sie rationale und reelle Zahlen. Die Wissenschaft
der reinen Quantität ist daher die Mathematik, die Arithmetik und höhere
Analysis.
Quantum:
Quanten sind abstrakte, endliche Größen, und das heißt: Elemente
einer archimedisch geordneten Menge (vorzugsweise mit Einheitselement
und Addition). Ein Beispiel bilden die (positiven) rationalen Zahlen, die
ihrerseits quantitative Verhältnisse, Proportionen, sind. Alle
Proportionen zwischen derartigen Größen bilden selbst einen (universalen)
Bereich reiner (unbenannter) Quanten, der im wesentlichen identisch ist mit
dem Bereich der positiven reellen Zahlen.
Grad:
Grade sind benannte Einheiten, abstrakte Messschritte, durch welche
reine Quanten (Beispiele: 5, 3/4, Wurzel von 2) zu benannten Quanten
(Beispiele: 5 Grad Celsius, 3/4 Stunde, Wurzel von 2 cm) werden.
Maß:
Maße sind die realen Messverfahren, welche die Grade konkretisieren und
zu reproduzierbaren Messergebnissen führen. Dadurch werden quantitative
Aussagen erst zu Aussagen über etwas Reales. Maßstäbe und Messungen
konstituieren die Projektionsregel mathematischer Darstellungen auf die
Erfahrung.
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