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zu den verschiedenen Systemen und Systemteilen:

Muss man nicht, wenn man Hegel glaubt, sie als verschiedene Ausführungen eines Systems versuchen zu verstehen? Das Späteste muss das Reifste sein, aber früher ist vieles weiter ausgeführt (z.B. große Logik). nicht das eine gegen das andere ausspielen wollen, oder?
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Ich sehe in der Tat die Bände 5-20 der TWA (stw 505-520), und die zugehörigen Vorlesungsmitschriften, Notizen, Manuskripte bei Meiner, Fromann-Holzboog usw dazu, als eine Einheit an.

Spätestens mit der Enzyklopädie von 1817 hat Hegel sein System, mit Einschränkungen bereits in Nürnberg. Ich kann also meine Aussage erweitern auf den Heidelberger und Nürnberger Hegel.

Spätere Ausarbeitungen, etwa des 1.Teils der Logik in der späteren Auflage oder des 2.Teils der Logik in der Enzyklopädie, der 3.Auflage der Enzyklopädie gegenüber den vorherigen Auflagen oder in den jeweils späteren Vorlesungen sehe ich in der Tat als die normalerweise reifere Version an (wobei sich das in Argumenten inhaltlich nachvollziehen lassen muss).

Die Werke des früheren Hegels, etwa der Jenaer Zeit oder noch früher, sind entwicklungsgeschichtlich interessant, hier finden sich aber größere Brüche zum späteren Werk (denkt im Extremfalle an die Jugendschriften). Weil ich nicht in erster Linie philologisch interessiert bin, sondern am Gedanken, beurteile ich das Werk aus der Perspektive des Spätwerks, so wie es der Berliner Hegel und seien Schüler es auch gemacht haben.

Während dies wohl normalerweise auch unter Hegelianern unstrittig sein sollte (und sich ansonsten, wie gesagt, am Inhalt argumentativ entscheiden lassen sollte), sehe ich in der Tat eine Differenz in der Beurteilung der Phänomenologie.

Ich sehe den größten Teil des Stoffs der Phänomenologie in späteren Werken an anderen Stellen im System, meistens ausführlicher und besser, ausgearbeitet. Auch die Übergänge sind natürlich z.T. andere.

Und eine zusätzliche Übersicht/Einstieg jenseits von Enzyklopädie, Logik und Vorlesungen halte ich für überflüssig. Jemanden der Hegels Philosophie lernen will, sollte gleich bei der Enzyklopädie, oder, wenn diese ihm zunächst zu schwer erscheint, bei den Vorlesungen anfangen (etwa bei den Hör-Kassetten), nicht mit der Phänomenologie.

Vielleicht bin ich da auch nur geschädigt von den englischen Mailinglisten, in denen wie gesagt die Rezeption, der Schwerpunkt fast nur auf den Hegel der Phänomenologie liegt.

Aber auch hier denke ich, dass die Differenz im praktischen nicht so relevant sein muss, da ich auch hier im Zweifel die Argumente entscheiden lassen würde: wenn etwas stimmt aus der Phänomenologie, ein Argument oder Beispiel einleuchtet / passt, warum dann nicht dieses auch aus der Phänomenologie oder sonst einem Frühwerk heran ziehen?

Es würde aber die Diskussion erleichtern, wenn im Zweifelsfalle der Blick auf diese Frühwerke wie gesagt aus der Perspektive des Nürnberger / Heidelberger / Berliner Hegels gemacht würde.

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zum Vorwort der Phänomenologie:

wenn sie die Einleitung zum System ist, die selbst eine Einleitung hat, so ist das Vorwort die Einleitung der Einleitung zum system und des systems selbst. so gesehen ist es also gar kein Widerspruch, wenn der Anspruch des Vorworts erst vollständig im ganzen erfüllt wird.
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Ich habe zwei gegensätzliche aber sich ergänzende Herangehensweisen an das Hegelsche Werk:

Zum einen geht es mir darum, in der Tat die Einheit des Ganzen zu sehen und davon auszugehen, dass das, was Hegel sagt, im Zweifel stimmt, ich muss versuchen ihn zu begreifen, ihn nachzudenken, zu reproduzieren.

Zum anderen geht es mir aber gleichzeitig darum, die Übergänge, die Argumentationen und Begriffsbildungen kritisch zu prüfen dabei.

Es gehört zu den unangenehmen Seiten Hegels dass er Probleme, schwache Übergänge usw, eher nicht als Probleme ausspricht, zugibt, sondern eher verdeckt. Man findet diese eher im Nachvollzug der Gedanken, beim Versuch diese Gedanken in eigener Sprache, in eigener Argumentation frei nachzuerzählen oder auch im Vergleich der Vorlesungen, im Nachvollzug der Entwicklung sieht man rückblickend Probleme, z.T. auch im Vergleich mit der Argumentation von anderen Philosophen: Zeitgenossen von Hegel oder seinen Schülern etwa.

Umgekehrt will ich dabei auch versuchen, mit offenen Karten/offenem Visier, ohne Bluffs und Angeberei usw. meine Probleme in der Rezeption beschreiben. Beides war etwas, was mir an dem Hösle Buch "Hegels System" gut gefallen hat, wo ich etwas von ihm gelernt habe, das Bemühen um klare, verständliche Sprache und die Offenlegung der zugrundeliegenden Überlegungen und offenen Fragen.

Dabei gehe ich davon aus, dass ich viel von Euch und anderen lernen kann, ich nehme kein Erkenntnismonopol in Anspruch <g>. Ich verstehe vielleicht relativ zu normalen Zeitgenossen viel zu Hegel, da ich mich seit 20 Jahren mit ihm beschäftige, aber auf der anderen Seite habe ich diese 20 Jahre auch viel anderes gemacht und gelernt und meine Beschäftigung war sicher meistens nicht so intensiv und systematisch (aber mit Liebe zu Hegel und seiner Philosophie).

Auch darum heißt es Kais Hegelwerkstatt, weil ich von meiner Unvollkommenheit hier ausgehe, noch sehe, dass zuviel Kai an der Arbeit daran ist, und so dies auch ausdrücke, die Verantwortung auf mich nehme, nach dem Motto: wenn etwas hier schief klingt, dann liegt es eher an mir als an Hegel. Aber vielleicht kommen wir ja nun mit gemeinsamen Anstrengungen davon weg und zu höheren Ebenen. Fände ich klasse!

Noch zur Hermeneutik, da ja Texte nicht immer eindeutig selbstauslegend sind: ich versuche mir den Sinn neben dem Hegel-Text auch aus den jeweils anderen Systemteilen heraus verständlich zu machen (indem ich etwa Teile an ähnlichen "Stellungen" im System vergleiche), indem ich die Gedanken anderer Philosophen (etwa Aristoteles, Leibniz, u.ä. als Vorläufer, Zeitgenossen oder auch Schüler) hinzuziehe und selbst mich bemühe, den Gang der Argumentation zu reproduzieren, auch ruhig erst einmal frei, unabhängig vom Text (insofern diese hegelianisch genannt sein will, sollte sie sich natürlich dann am Text bewähren, zu dessen Verständnis hinführen statt von ihm weg).


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