zu Adorno
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Zu Adorno:

Ein Adorno-Liebhaber schrieb mir:

Und auch als Hegelianer kommt man heute nicht um Adorno rum.

<g>. Naja, ganz so kategorisch würde ich das nicht sehen (es gibt da empirische Gegenbeweise <ggg>). Aber du rennst da bei mir (halbwegs) offene Türen ein.

Adorno ist wohl die kreativste Weiterentwicklung Hegels in diesem Jahrhundert. Auch wenn ich wichtige (die wichtigsten?) Kernsätze von Adorno für falsch halte (etwa seine Auffassung der Hegelschen Logik und Erkenntnistheorie), so enthalten seine Werke doch wichtige Einsichten die es "(auf) zu heben" gilt. Er ist z.B. einer der wichtigsten (und ausführlichsten) Philosophen auf dem Gebiet der Ästhetik der Moderne. Auch generell sind seine umfassenden Kritiken von Ideologie und Gesellschaft zumindest anregend.


Zu Adornos Hegelkritik:

Bei Adorno und Bloch (wie auch, anders, bei vielen anderen, besonders marxistischen, Werken/Autoren) habe ich den Eindruck, Hegel ist ihnen z.T. Projektionsfläche für ihre eigenen Vorstellungen. Man lernt bei den Büchern von Bloch und Adorno zu Hegel mehr über die Philosophie von Adorno bzw. Bloch und deren Vorstellungen zu Hegel als über Hegel selbst.

Gut finde ich Adorno insbesondere da, wo er auf das Einzelne verweist, das, was nicht aufgeht in dem Begriff. Da ist er z.T. hegelianischer als Hegel, man kann von seiner Sichtweise etwas lernen, sie kann einem helfen, ein besserer Hegelianer zu werden.

Denn was Adorno nicht sieht, ist, dass das bereits in Hegels Konzept angelegt ist, das er damit (wo es rationell ist) nur ein besserer, konsequenterer Hegelianer als Hegel ist, er mit seiner Kritik also Hegels Logik gar nicht trifft.

Denn Hegels Konzeption ist es ja gerade, das Besondere zu berücksichtigen, keine falschen Abstraktionen zu machen, usw.

Hier spielt auch Hegels Verarbeitung / Aufhebung des Christentums eine Rolle, die Beziehung des einzelnen zu Gott (Begriff/Idee), in dem der/die/das Einzelne eben nicht "orientalisch" in Gott / der abstrakten Allgemeinheit "aufgeht".

(Oder, untheologischer, moderner: Hegels Begriff ist eben keine mathematische "Menge" die nur eine "äußerliche" Beziehung zu ihren einzelnen Elementen hat, vergleiche  http://www.hegel-werkstatt.de/artikel/grundkonzepte/begriff.htm)

Bei Adorno bekommt das Ganze dann jedoch einen völlig schiefen dialektischen Überschlag, wenn er Adorno die Konsequenz zieht, dass Begriffe als solche terroristisch sind. Statt falscher Abstraktionen - keine Abstraktionen. In den Geschichten von Herrn K findet sich folgende (aus der Erinnerung erzählte) Geschichte:

Ein Mann sagte zu Herrn K: "Ich bin radikal, ich will die Zeitungen abschaffen"
Darauf Herr K: "Ich bin noch radikaler, ich will bessere (andere) Zeitungen".

In Anbetracht dessen, dass wir alle (auch Adorno natürlich) eh abstrahieren, analysieren usw., steht die Wahl das sein zu lassen uns nicht offen (bzw. dann sollte man eher so konsequent sein wie Adornos verdrängter Dr. Hide, Heidegger, oder besser noch gleich wie ein Zen-Mönch), sondern wir sollten eben die Konsequenz daraus ziehen, das Beste daraus zu machen, eben sinnvoll / optimal Gebrauch von unseren geistigen Fähigkeiten zu machen (vergleiche auch den Artikel zu Unwissenheit und Skeptizismus).

Da kommt dann übrigens (und hier ist auch wieder der Anschluss an die Geschichte von Herrn K) auch eher eine differenzierte Position heraus, es ist wesentlich schwerer und lebensnäher und berücksichtigt mehr das Einzelne als Adornos Position, die dann lustigerweise mit ihrem Anspruch, doch immer das Einzelne vor der Abstraktion zu schützen, selbst sehr generell und abstrakt in ihrer Verurteilung des Abstrakten (auch der Begriffe) ist und so im Endeffekt, vom Ergebnis her, sehr viel abstrakter ist als es Hegel und seine Theorien es je waren.

In dieser Hinsicht ist es auch lehrreich, sich die Gedankengebäude der beiden politischen Gruppierungen anzusehen, die (zumindest im deutschen Sprachraum) am ehesten die Adornischen Gedanken aufgenommen haben, die MG/Gegenstandpunkt (obwohl sie natürlich Adorno kritisieren, sind ihre Adornischen Wurzelen doch überall zu bemerken, nicht zuletzt im Bücherschrank der meisten älteren MGler) und die IMK/Krisis Gruppe (Es versteht sich hoffentlich aus dem Kontext von selbst, das ich nicht unbedingt mit dem Inhalt, der unter den Links zu diesen beiden Gruppen zu finden ist, übereinstimme).

Beide kommen im Rahmen ihrer durchaus lesenswerten und differenzierten Kritik am Ende zu ähnlich globalen, abstrakten Urteilen, in denen alles vorher aufgebaute differenzierte Material, letztlich überflüssige Zutat ist, zusammenschmilzt zu "alles Scheiße" (insbesondere zur MG fällt mir immer Andersens Märchen vom Teufelspiegel ein), "die Leute spinnen und wir sind dabei praktisch ohnmächtig", ausgedrückt auf hohem Niveau. Lustigerweise fällt das jeder der beiden Gruppierungen bei der jeweils anderen Gruppe auf.


Zur Frankfurter Theorie:

Vor einiger Zeit fiel mit von Dr. Peter Decker "Die Methodologie kritischer Sinnsuche", Erlanger Studien, Band 8, Erlangen 1978 (oder 1979?), wohl seine Dissertation, in die Hände.

Es ist eine m.E. gute Kritik von Adorno und der Frankfurter Schule, gut u.a. weil der Autor diesem wohl einmal selbst recht nahe stand.

Das Werk ist z.T. sehr polemisch und flapsig geschrieben, aber liest sich darum m.E. auch unterhaltsam. Wer Adorno nicht kennt, wird anschliessend kein Verlangen mehr spüren, ihn kennezulernen <g>. Adorno-Verehrer werden vermutlich finden, dass ihnen bzw. ihrem Idol unrecht getan wird.

Sowohl die Auseinandersetzung mit Kant (1.Kapitel), wie auch die mit Hegel (2.Kapitel) sind eine eigentümliche Mischung aus z.T. brillanter Anwendung einzelner Einsichten Hegels bei gleichzeitiger großer Ignoranz zu vielen verwandten Einsichten Hegels (oft sogar zum selben Thema, Beispiel Kraft, Kant-Kritik).

Dennoch ist auch aus hegelianischer Sicht an der dargestellten Kritik der Kritischen Theorie, zumindest der Einleitung, im großen Ganzen "etwas dran".

Das Buch ist inzwischen Online (leider bei FortuneCity, also mit vielen Cookies und nerviger Werbung):


Verweise:

Wer sich für Adorno interessiert, interessiert sich vielleicht auch für

 

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